VCR-Longplay – Spielfilme in voller Länge auf VCR-Videokassetten
Philips N1700 VCR: Diese drei Buchstaben stehen für „Video Cassette Recording“. Es handelt sich hier um das erste europäische Videosystem, das mit Videokassetten arbeitet.
Entwickelt wurde es von Philips und Grundig. Das VCR-System kam 1971 auf dem Markt und sollte das bis dahin gängige LDL-Videoformat ablösen, mit dem der Philips LDL 1002 arbeitet. Die Kassette wurde wohl in der Bezeichnung ganz bewusst mit eingebracht, um auf die Vorzüge eines Kassettensystems hinzuweisen. Tatsächlich ist die Handhabung bei den Videokassetten wesentlich einfacher als beispielsweise bei Videogeräten mit offenen Spulen. Der erste Videorekorder, welcher mit dem VCR-System arbeitete, war der N1500 von Philips.
Bei diesem Gerät hier, dem N1700, handelt es sich schon um einen Nachfolger. Statt der analogen Zeitschaltuhr besitzt er bereits eine digitale Schaltuhr und auch eine erhöhte Spielzeit, worauf der Begriff „Longplay“ bereits hindeutet. Mit diesem System war es erstmals möglich, Filme und Fernsehsendungen in Spielfilmlänge auf eine Videokassette aufzuzeichnen. Beim N1500 war dies noch nicht der Fall. Dort betrug die maximale Spielzeit etwa eine Stunde. Dieser Videorekorder hier stammt von 1978. Als ich ihn in die Finger bekam, funktionierte er leider nicht mehr richtig. Bereits auf diesem Bild kann man erkennen, dass die digitale Uhr nur noch wirre Zeichen anzeigt. Leider kann ich diese nicht reparieren, da mir das passende IC für die Uhr fehlt.
Die Laufwerkstasten arbeiten im Gegensatz zu vielen moderneren Videogeräten noch rein mechanisch. Auffällig ist auch der große Tracking-Regler, mit dessen Hilfe die Spurlage des Videobandes angepasst werden kann. Auch das Zählwerk arbeitet noch rein mechanisch. Die drei bunten Bildschirme neben dem Herstellerlogo sollen verdeutlichen, dass dieses Videogerät Aufnahmen in Farbe anfertigen und auch abspielen kann, was damals keineswegs selbstverständlich war.
In diesem Bild kann man die defekte Uhr erkennen. Links davon befinden sich die Programmspeichertasten für die einzelnen Fernsehprogramme. Diese werden über ausklappbare Preset-Regler eingestellt. So ähnlich funktionierte das auch bei früheren Fernsehgeräten, welche noch keinen Sendersuchlauf besaßen.
Die Kassetten für den Philips N1700
Hier ist das Gerät mit geöffneten Kassettenfach zu sehen. Die Videokassette für das VCR-System sieht komplett anders aus als beispielsweise eine VHS-Videokassette. Sie besitzt wesentlich größere Bandspulen als eine VHS-Kassette, die zudem auch noch übereinander im Gehäuse untergebracht wurden. Das Band läuft praktisch von der unteren Spule schräg zur oberen. Man kann also an der oberen Bandspule erkennen, ob sich das Band am Anfang (leere Spule) oder am Ende (volle Spule) befindet. Beim Einlegen in das Kassettenfach werden zwei Klappen bzw. Öffnungen an der Kassette zugänglich gemacht. Durch eine davon wird das Videoband um die Kopftrommel geschlungen. Die zweite Öffnung dient dazu, die Andruckrolle sowie den Tonkopf zum Band zu führen.
Schon durch das geöffnete Kassettenfach kann man gut erkennen, dass die Kopftrommel einen wesentlich größeren Durchmesser hat als die bei VHS-Videogeräten üblichen Kopftrommeln. Auf dem ersten Blick sieht die fast genauso aus wie die vom Video 9180 oder LDL 1002.
Innenleben des Philips N1700
Die obere Gehäusehälfte lässt sich nach dem Lösen zweier Schrauben abnehmen. Ein Großteil der Elektronik sowie der Mechanik werden dann sichtbar. Man kann deutlich erkennen, dass der Philips N1700 noch recht aufwendig aufgebaut wurde. Sehr gut zu erkennen ist auch die Modulbauweise. Zahlreiche Steckmodule enthalten die einzelnen Schaltungen. Vor allem die Platine rechts im Bild mit der Signalverarbeitung enthält zahlreiche dieser Module.
Die Platine rechts im Gerät lässt sich übrigens auch aufklappen. Unter dieser befindet sich eine kleinere Platine, die ebenfalls einige (um genau zu sein drei) Steckmodule enthält. Vor dem Aufklappen der Platine müssen allerdings zwei Schrauben gelöst und auch die Anschlüsse für Antenne und Fernsehgerät auf der Rückseite des Rekorders abgezogen werden.
Das Kassettenfach lässt sich mit wenigen Handgriffen aus dem Gerät herausnehmen. Nun wird auch der Großteil der Laufwerksmechanik sichtbar. Man sieht deutlich die große Kopftrommel, um welche das Band beim Ausfädeln herumgeschlungen wird. Auf der rechten Seite zu sehen ist der Tonkopf, der gleichzeitig auch verwendet wird, um Synchronisationsimpulse auf das Band aufzuzeichnen und von diesem während der Wiedergabe wieder zu lesen. Die Platine rechts im Bild enthält die Servoelektronik, welche unter anderem dazu dient, das Band aus- und einzufädeln sowie die Drehzahl von Kopftrommel und Capstanwelle zu regeln. Des weiteren enthält sie den Umschalter für die Wiedergabe bzw. den Aufnahme-Wiedergabe-Umschalter.
Der Zustand des Laufwerks entspricht weit gehend dem des gesamten Gerätes. Leider funktioniert das Gerät auch nicht mehr richtig. Trotzdem war es mir möglich, zumindest ein paar der mir vorliegenden Kassetten mit dem N1700 abzuspielen.
Die Laufwerksplatine lässt sich ebenfalls aufklappen. Auch hier sind einige Steckmodule für die einzelnen Funktionen enthalten.
Das Videogerät besitzt noch ein konventionell aufgebautes Netzteil mit Netztrafo, den man auch gut im Bild erkennen kann. Die große Platine enthält unter anderem die Netzteilelektronik. Gut zu sehen ist der Kühlkörper rechts im Bild, der den Transistor für die Spannungsregelung enthält. Das Kassettenlaufwerk wird über mehrere zum Teil geregelte Gleichstrommotoren angetrieben. Vorne im Bild sind einige davon zu sehen.
Hier ist die aufgeklappte Platine von der Bestückungsseite her zu sehen. Man erkennt einige integrierte Schaltungen sowie die dicken Elektrolytkondensatoren für das Netzteil.
Nach dem Einsetzen des Kassettenfachs habe ich nach längerer Zeit mal wieder einen Probelauf durchgeführt. Leider ist die Bildqualität nicht mehr einwandfrei. Auch erfolgt die Wiedergabe der Kassette nur noch in Schwarz-weiß.
Man sieht deutlich die Bildstörungen. Diese verschwinden zwar von Zeit zu Zeit, tauchen aber trotzdem immer wieder auf. Der Tracking-Regler scheint hier auch gar keine Wirkung zu zeigen. Eine Fehlersuche gestaltet sich als äußerst schwierig, da mir keine Schaltungsunterlagen vorliegen und auch ehrlich gesagt die Erfahrungen fehlen, um solche Geräte zu reparieren. Vielleicht gelingt es mir, an ein zweites Gerät dieser Art zu kommen, um durch Austausch einzelner Module den Fehler einzugrenzen und auch zu beheben.
Hier sind noch einige Bilder der für dieses Gerät verwendeten Videokassetten zu sehen. Das erste Bild zeigt die Kassette in einer Gesamtansicht. Daneben zu sehen ist ein Transportschutz, welcher unten in die Kassette eingesteckt wird, bevor diese in die Aufbewahrungshülle gelangt. Dieser Transportschutz soll wahrscheinlich verhindern, dass sich die Bandspulen beim Transport von alleine verdrehen und dadurch einen Bandsalat verursachen.
Ich habe die Kassette auch einmal geöffnet, um Ihnen einen Blick in das Innere zu ermöglichen. Die meisten Menschen haben wahrscheinlich solche Videokassetten noch nie im Leben gesehen, ebenso wenig wie ein solches Videogerät. Die Kassette ist sicherlich auch deshalb interessant, da die Spulen nicht nebeneinander, sondern übereinander in das Kassettengehäuse eingebaut wurden. Natürlich ist deshalb auch die Bandführung eine ganz andere als bei herkömmlichen Videokassetten des VHS-Systems. Das Bandmaterial hingegen ist sozusagen kompatibel zum VHS-System (die Aufnahmen natürlich nicht). Neue Kassetten sind hier sicherlich nicht mehr zu bekommen. Falls aber eine solche Cassette doch einmal wegen des dort eingesetzten Bandmaterials nicht mehr brauchbar ist, kann theoretisch auch Videoband aus einer neuen VHS-Kassette eingesetzt werden.
Hier noch ein paar Bilder der Kassette und ein YouTube-Video des Gerätes:
Bilder und Texte: Gerd Weichhaus